Wie immer, wenn ich nach langer Zeit zum ersten Mal wieder nach Florenz komme, wandere ich am Morgen zur Piazzale Michelangelo hinauf, um die ganze Schönheit der Stadt auf mich wirken zu lassen. Der Weg hinauf über Treppen und die Viale Giuseppe Poggi ist mühsam, der spektakuläre Blick über die Stadt jedoch so überwältigend, dass ich die Strapazen des Aufstiegs sofort vergesse. Santa Maria Novella im Westen, Santa Croce im Osten, die majestätische Domkuppel in der Mitte, der schlanke Turm des Palazzo Vecchio, der Arno, die schönste Brücke Italiens, Ponte Vecchio und im Hintergrund die Hügel von Fiesole. Die ganze Pracht des alten Florenz breitet sich vor mir aus.
Inmitten des Platzes steht auf einem Sockel eine Bronzekopie des berühmten David von Michelangelo. Normalerweise ist der Sockel von Touristen umringt. So früh am Morgen ist jedoch kaum einer unterwegs.
Als ich mit 18 zum ersten Mal für ein paar Wochen in Florenz war, um mein Italienisch zu vervollkommnen, war ich nach dem Unterricht fast jeden Tag auf dem Piazzale und habe versucht, den David zu zeichnen, was mir nach mehreren Versuchen tatsächlich einigermaßen gelungen ist.
Reise durch die Meisterwerke der Kunst
Von der Piazza Giuseppe Poggi unterhalb des Piazzale Michelangelo führt die Flusspromenade Lungarno zur Ponte Vecchio. Die Brücke stammt aus dem 14. Jahrhundert. Kennzeichnend sind die zahlreichen alten Goldschmiedewerkstätten, die sich seit dem 16 Jahrhundert dicht gedrängt aneinanderreihen.
Auf der Brücke herrscht reges Treiben. Ein Straßenmusiker spielt Gitarre und singt dazu ein altes Lied des Florentiners Marco Masini. Zwei schmucke Carabinieri in Helm und hohen Stiefeln stehen an eine Wand gelehnt und diskutieren, ihre Motorräder stets im Blick. Als ich die Kamera auf sie richte geben sie mir zu verstehen, dass sie das nicht möchten. Kunststudenten üben sich im Porträtmalen, ein Straßenkünstler vollführt Kunststücke mit Bällen und eine Gruppe Touristen handelt mit einem Straßenverkäufer über den Preis von ein paar Sonnenbrillen.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Brücke befinden sich die Uffizien mit einer der umfangreichsten und ältesten Kunstsammlungen der Welt, darunter Werke von Botticelli, Caravaggio, da Vinic, Goya, Michelangelo und Tizian. Für die Reise durch die Meisterwerke der Kunst in 45 Räumen, die sich rechts und links der endlos langen Gänge befinden, muss man gut zwei Stunden einplanen.
Hinter dem monumentalen Gebäude liegt die Piazza della Signoria, umgeben von Renaissancepalästen reicher Florentiner. Mächtigstes Gebäude ist der Palazzo Vecchio, früher Fürstensitz und Stadtparlament, heute Sitz des Rathauses. Die Piazza gleicht einem Freilichtsalon. Nirgendwo sonst in Florenz kann man von Straßencafés aus so viele Statuen von Michelangelo und Donatello bewundern wie hier. Ich schlendere durch die kleinen Gassen rund um die Piazza. Hier riecht es nach Espresso und Leder - der Geruch, den ich immer mit Florenz verbinden werde und den es in dieser Mischung in keiner anderen italienischen Stadt gibt.
Brunelleschis Meisterwerk
Wahrzeichen der Stadt ist der Dom Santa Maria del Fiori, mit 8300 Quadratmetern und Platz für 20.000 Gläubige viertgrößte Kirche der Welt. Die gigantische Kuppel gilt als erstes architektonisches Meisterstück der Frührenaissance und ist das Erstlingswerk des damaligen italienischen Star-Architekten Brunelleschi.
Der steile Aufstieg zur Kuppel über die alten engen Treppen ist das Highlight des Dom-Besuches – so strapaziös die 463 Stufen auch sind. Oben angekommen wird man nicht nur mit einem grandiosen Rundumblick über Florenz belohnt, sondern auch mit einem Blick auf das Innenleben der Kuppel und die Kuppelbemalung. Ich war schon so oft auf der Kuppel und verzichte deshalb heute auf einen Aufstieg. Neben dem Dom steht der Campanile, der Glockenturm von Giotto. Dort hinauf sind es nur 414 Stufen – die Treppe ist weit bequemer als im Dom, die Aussicht ist die gleiche.
Die Welt der Medici und der Gourmets
Nach so vielen Treppenstufen plagt der Hunger. Vom Dom aus ist es nicht weit zum Mercato Centrale di San Lorenzo, ein Paradies für Feinschmecker auf zwei Etagen. Die Verkaufsstände quellen über mit Gemüse und Obst in riesiger Auswahl, Fisch, eingelegte Tomaten, Oliven und Artischocken, Brot, zahlreiche Käsesorten und Pasta.
Rings um den Markt liegen zahlreiche Trattorien, wo man relativ preisgünstig zu Mittag essen kann. Im Viertel San Lorenzo steht die monumentale Basilica di San Lorenzo, Haus- und Grabkirche der Medici. Bis zum Bau des Doms war die älteste Kirche der Stadt Kathedrale von Florenz.
Der benachbarte Palazzo Medici Riccardi, Prototyp des florentinischen Stadtpalastes, war Wohnpalast der Medici bis sie 1540 in den Palazzo Vecchio umzogen. 1659 erwarb die Patrizierfamilie Riccardi den Palast. Sehenswert sind die prachtvollen Fresken und die Wohnräume, die zum Teil mit Originalmöbeln eingerichtet sind. Vom Palazzo ist es fast nur ein Katzensprung zur Galleria dell’Accademia in der Via Bettino Ricasoli im Studentenviertel San Marco. Dort steht der weltberühmte David von Michelangelo, das kolossale, fünf Meter hohe Original, das der Künstler von 1501 bis 1504 schuf und den ich mir immer wieder ansehe, wenn ich in Florenz bin.
Bis zum 19. Jahrhundert stand David auf der Piazza Signoria. Da er unter Wind und Wetter aber stark gelitten hatte, wurde er 1873 zur Restaurierung in die Galleria verfrachtet und bekam seinen endgültigen Platz im Rotundensaal. In der Galleria sind zwar noch mehr Meisterwerke von Michelangelo zu sehen, aber der schöne David ist die Hauptattraktion und Grund der langen Schlange vor dem Ticketschalter.
Im Freilichtsalon der Stadt
Zeit für einen Nachmittagskaffee auf der Piazza della Republicca. Von San Marco führen Via Camillo Cavour, Via Martelli, Piazza San Giovanni und Via Roma durch den monumentalen Arcone (Triumphbogen) zum größten Platz und belebten Mittelpunkt des Geschäftsviertels im historischen Zentrum.
Die Cafés rund um die Piazza della Republicca sind beliebter Treffpunkt der Florentiner zu jeder Tageszeit. Zum Espresso oder Aperitif wird über Geschäfte gesprochen, lebhaft diskutiert, gestritten, gelesen und studiert.
Die beliebtesten Cafés sind das Gilli im Belle-Epoque-Stil, 1733 gegründet und das älteste Café Italiens, das Caffè Le Giubbe Rosse, in dem Kulturveranstaltungen und Lesungen stattfinden und das Paszkowski, wo im Sommer ein kleines Orchester spielt.
Egal in welchem Straßencafé man sich niederlässt, Dank der vielen Straßenmusiker auf der Piazza ist man nie ohne Musik - auch nicht im Winter.
Von Gucci zu Pucci
Eleganz und Mode haben in Florenz eine lange Tradition und in keiner anderen Straße der Stadt wird das so deutlich wie in der Via Tornabuoni.
In der von Stadtpalästen gesäumten Straße befinden sich die großen florentinischen Labels Gucci, Pucci, Ferragamo, Coveri und Cavalli sowie andere Designer und die großen Juweliere Bulgari, Damiani und Buccellati.
Dem Schuhdesigner Ferragamo ist in der Via Tornabuoni Nr. 2 im Firmensitz Palazzo Spini Feroni sogar ein kleines Museum gewidmet. Ein Muss für alle, die Schuhe lieben! Berühmteste Ferragamo-Trägerin war Audrey Hepburn, die in all ihren Filmen maßangefertigte Schuhe des Meisters trug. Gucci-Schuhe eignen sich allerdings nicht für lange Spaziergänge durch Florenz!
Fürstliche Pracht am südlichen Arnoufer
Wahrzeichen von Oltrarno (was „über dem Arno“ bedeutet), nicht weit von der Ponte Vecchio, ist der monumentale Palazzo Pitti, der mit seiner 250 Meter breiten Fassade der größte Palast der Stadt ist.
Erbauen ließ ihn 1457 der adelige Bankier Luca Pitti mit dem Wunsch, dass sämtliche Fenster höher sein sollten als die Eingangstür im Wohnpalast der Medici, die er hasste. Pitti machte Bankrott, die Medici erwarben den Palast ein Jahrhundert später und verlegten ihre Familienresidenz dorthin. Heute befinden sich fünf Museen und Sammlungen im Palast, darunter die Gemäldegalerie Galleria Palatina mit Werken von Raffaello, Tizian, Tintoretto, Rubens und Van Dyck. Durch den Hof des Palazzo Pitti gelangt man in den Giardino di Bobboli, eine der schönsten Parkanlagen Italiens aus dem 16. Jahrhundert.
Ein Freilichtmuseum in Hanglage mit schattigen Alleen, grünen Wiesen, römischen Altertümern, Amphitheater, Brunnen, Grotten und Skulpturen. Eine wahre Schattenoase im Sommer, wenn es in der Stadt brütend heiß ist.
Mittlerweile ist es Abend geworden und Zeit, die Stadttour ausklingen zu lassen. Wie könnte man das besser als mit einem Glas Chianti und einem Teller Pasta?
Dazu ist allerdings noch ein kleiner Spaziergang zurück zur Ponte Vecchio erforderlich. In der Via Santo Spirito 6 liegt der „Cantinone di Firenze del Gallo Nero“, ein altes Kellergewölbe mit langen Tischen und dem besten Chianti der Stadt. Je früher am Abend, desto leerer der Keller (Di-So 12-15 Uhr und 19-22:30 Uhr).
Hoteltipp: Borghese Palace Art Hotel in der Via Ghibellina 174, nicht weit vom Dom.
Weitere Florenz-Tipps auf ENIT.
In ähnlicher Weise erschienen in FORUM - Das Wochenmagazin, 20.3.2015.
Hallo Cornelia,
schöner Bericht! Das Gilli werde ich mir auch mal ansehen, wenn ich wieder in Florenz bin. Mir ist allerdings der Sommer lieber, dann schmeckt das Eis besser 😉
LG,
Philipp