Ein Hauch Toskana im Napa Valley

Castello di Amorosa, das originellste Weingut im Napa Valley, entführt die Besucher durch eine Zeitmaschine ins Mittelalter. Der Winzer Dario Sattui erfüllte sich einen Lebenstraum und ließ mitten in seinem 28 Hektar großen Weingut mit viel Liebe zum Detail eine Burg nach mittelalterlichen Plänen bauen. 

Als ob man durch das Chiantigebiet führe, taucht das Castello di Amorosa auf einem Hügel inmitten von Reben plötzlich am Saint Helena Highway, am nördlichen Ende des Napa Valley, auf. Die florentinisch angehauchte Burganlage, die aussieht, als würde sie schon seit Jahrhunderten dort stehen, wurde nach fünfzehnjähriger Bauzeit im April 2007 eröffnet.

Der italienischstämmige Weinbauer Dario Sattui ließ sich für den Bau der 13.000 Quadratmeter großen Burg 850.000 hundert Jahre alte Ziegelsteine, Dachziegel aus Terrakotta sowie Basalt- und Pflastersteine aus Italien liefern, die von mehreren Steinmetzen vor Ort von Hand so gemeißelt wurden, wie es vor 800 Jahren üblich war. Schließlich sollte die Burg genauso aussehen, als wäre sie tatsächlich im 12. oder 13. Jahrhundert entstanden: Mit fünf runden, gezackten und eckigen Verteidigungstürmen mit Schießscharten, Zugbrücke, Graben, Burghof, Geheimgängen, Waffenraum, Kapelle, einem gigantischen Rittersaal, der auf 22 Metern Länge bis zur Decke von italienischen Künstlern eineinhalb Jahre lang mit Fresken bemalt wurde und einer Folterkammer, in der sich über 500 Jahre alte Folterinstrumente aus Italien befinden.

Die Auffahrt zur Burg ist von Zypressen gesäumt, die eigens dafür aus der Toskana eingeflogen wurden. Sattui, der eine Leidenschaft für alles Italienische hegt, vor allem für Architektur, Kunst und Wein, besitzt in der Toskana mehrere Häuser, darunter ein 1000 Jahre altes Kloster in der Nähe von Siena. Entworfen hat das Castello Sattui selbst – ein Jahr lang brauchte er, bis der Entwurf fertig war. Dreißig Millionen Dollar kostete das fertige Projekt.

Der Rittersaal wird zu festlichen Anlässen genutzt.

Die 107 Räume der Burg verteilen sich auf acht Ebenen, wovon sich die meisten in den vier Kellerebenen befinden, darunter ein 900 Meter langes Labyrinth aus Weinkellern, in denen Cabernet Sauvignon, Pinot Noir, Merlot, Sangiovese, Zinfandel, Pinot Grigio, Chardonnay und Gewürztraminer lagern. Prunkstück ist der 1100 Quadratmeter große römische Gewölbekeller, der als eindrucksvollster Weinkeller der USA gilt. Das Weingut produziert 300.000 Flaschen Wein im Jahr, die ausschließlich im burgeigenen Laden sowie online verkauft werden. Wer das nötige Kleingeld hat, kann 220 Liter der Auslese „Il Barone“, ein Cabernet Savignon, gleich im Fass kaufen.

Weinprobe in mittelalterlichem Ambiente.

Im Castello di Amorosa steht zwar der Wein im Mittelpunkt, im weiträumigen Burghof finden jedoch auch Veranstaltungen wie Ritterspiele und Konzerte statt. In den Weinkellern werden Valentinstag, Halloween, Silvester und die große Fassparty mit 40 Weinen gefeiert und mehrmals jährlich wird zum Tanz geladen.

Dario Sattuis Urgroßvater, ein Weinbauer, der 1882 aus Genua nach San Francisco kam, war einer der Pioniere im Napa Valley. Das Weingut Sattui in St. Helena, das heute über 81 Hektar verfügt, wurde während der Prohibition 1922 geschlossen und von Dario Sattui mit 8000 Dollar Startkapital 1976 wieder in Betrieb genommen.

Die meisten Weinbauern im Napa Valley stammen zwar von italienischen Einwanderern ab, der erste gewerbliche Weinbaubetrieb im Napa Valley wurde jedoch 1861 von dem aus Preußen stammenden Charles Krug errichtet. Die historische Charles Krug Winery, heute einer von über 300 Weinbaubetrieben im Napa Valley, befindet sich in St. Helena und ist seit 1943 in Besitz der Familie Mondavi.

Selbst die Toiletten im Castello di Amorosa sind ein Hingucker.

Info:

Das Castello di Amorosa ist täglich von 9.30-18 Uhr (März-Okt.) und 9:30-17 Uhr (Nov.-Feb.) geöffnet. Geschlossen ist es nur 25. Dezember. Thanksgiving und Heiligabend: 9:30-15:30 Uhr. Weinprobe mit fünf Weinen: 25$ pro Person, inkl. Tour (ca. 1 ¾ Std.) 40$. http://www.castellodiamorosa.com

Adresse: 4045 Saint Helena Highway, Calistoga (120 km von San Francisco).

Blick vom Burghof auf die Weinreben.

Veröffentlicht in: FORUM - Das Wochenmagazin (11.12.2015).

Die Insel des Kaugummikönigs

Santa Catalina Island, die felsige Pazifikinsel vor der Küste Kaliforniens, liegt nur 35 Kilometer von Los Angeles und scheint dennoch eine Welt entfernt. Hier bewegt man sich zu Fuß, per Fahrrad, Pferd oder Golfcart, denn Autos sind nur bedingt zugelassen. Die Insel war viele Jahre im Besitz des Kaugummikönigs William Wrigley.

Der Flug im Helikopter von Long Beach nach Avalon auf Catalina Island verläuft recht wackelig. Etwas flau im Magen schaue ich nach unten, wo sich die Wellen meterhoch auftürmen. Hätten wir den Flug nicht doch lieber verschieben sollen? Bereits zweimal war er aufgrund des Wetters abgesagt worden, aber heute hatte sich der Pilot bereit erklärt, zu fliegen. „Falls uns der Wind runterholt, haltet euch im Wasser einfach an den Kufen fest bis Hilfe kommt“ meint er lachend. In dem Moment sacken wir kräftig ab und ich sehe uns schon im Kampf mit den Wellen. Mein Magen fährt Achterbahn. Als wir landen, steige ich mit wackeligen Knien aus. Noch nie war mir ein 20-minütiger Flug so lange vorgekommen.

Die Bucht von Avalon mit Yachthafen und Kasino.

„Wo kein Regen und kein Hagel fällt, wo niemals Schnee den Boden berührt und niemals lauter Wind bläst“, schrieb der viktorianische Dichter Tennyson in einem mythischen Gedicht, dort soll Avalon liegen, das verwunschene Tal, das Paradies auf Erden. Ein heiliger Ort, in dem man alle Sorgen vergessen kann. Natürlich war in Tennysons Gedicht nicht die Rede von Avalon auf Catalina, aber die Beschreibung trifft zu.

Das Casino ist das Wahrzeichen von Avalon.
Das Casino ist das Wahrzeichen von Avalon.

Avalon, das nach dem gleichnamigen Ort in der Artussage benannt wurde, ist Hauptstadt und Zentrum der nur 35 Kilometer langen und 13 Kilometer breiten Insel. Was uns zuerst ins Auge fällt sind die weißen Häuser mit roten Ziegeldächern, wie man sie aus der Mittelmeerregion kennt. Im Yachthafen liegen unzählige Seegelboote, Katamarane und Jachten in der geschützten Bucht und spiegeln sich im blauen Wasser. Auf der Crescent Avenue entlang der Bucht mit ihren zahlreichen Straßencafés, Restaurants und kleinen Boutiquen unter Palmen und farbenprächtigen Blumen haben wir endgültig das Gefühl, uns irgendwo am Mittelmeer zu befinden. Stundenlang könnten wir im Straßencafé sitzen, den strahlenden Sonnenschein, den sanften Wind und die klare Luft genießen und dem Dolce Far’Niente frönen.

Strand in Avalon.
Strand in Avalon.

Die 3500 Bewohner der Insel, die von den indianischen Ureinwohnern „Berge im Meer“ genannt wurde, nehmen das Leben leicht. Kein Stress, keine Hektik und Autos – diese sind, bis auf Elektrovehikel verboten. Eine Ausnahme bilden lediglich Feuerwehr- und Polizeiautos sowie Krankenwagen. „Der bewohnte Teil der Insel ist jedoch so klein, dass man ihn ohnehin in kurzer Zeit zu Fuß schafft“, erklärt uns die Kellnerin im Café. Das passt, denken wir, denn wir sind nur ein paar Stunden auf der Insel.

Das beliebteste Fortbewegungsmittel in Avalon ist das Rad.
Das beliebteste Fortbewegungsmittel in Avalon ist das Rad.

Der Portugiese Juan Rodriguez Cabrillo entdeckte die Insel 1542. Später diente sie Pelzhändlern aus Russland, Sklavenhändlern und Piraten als Stützpunkt. William Wrigley, der Kaugummi-König aus Chicago, kaufte die gesamte Insel 1919 und baute sich auf dem Mount Ada (benannt nach seiner Frau Ada), dem sonnigsten Platz der Insel, sein persönliches Schloss mit 22 Räumen und sieben Badezimmern. In der riesigen Villa befindet sich heute das Hotel „The Inn on Mount Ada“.

The Inn on Mount Ada hinter Bäumen versteckt.
The Inn on Mount Ada - das Anwesen mit den grünen Dächern umgeben von Palmen und Bäumen.

Da Wrigley seinerzeit Touristen auf die Insel locken wollte, beauftragte er diverse Baumeister damit, dem Ort einen mediterranen Touch zu geben. So entstanden Villen im spanischen Kolonialstil mit roten Ziegeln. Außerdem ließ er ein Casino bauen, dessen markanter Rundbau noch heute das Wahrzeichen von Avalon ist.

Ende der zwanziger Jahre entdeckten Filmproduzenten, Schauspieler, Schriftsteller und reiche Kalifornier die Insel und ließen sich Villen an den steilen Berghängen von Avalon bauen.

Den Erben Wrigleys ist es zu verdanken, dass die einmalige Flora und Fauna unter Naturschutz gestellt wurde und von der 1972 gegründeten Catalina Island Conservancy, einer gemeinnützigen Landschaftsschutzorganisation, gehegt und gepflegt wird.

Der Golf von Santa Catalina mit seinem klaren Wasser, dem Fischreichtum, der vielfältigen und farbenfrohen Unterwasserflora und der mannigfaltigen Vegetation vor der buchtenreichen Küste ist von Mai bis September ein wahres Paradies für Taucher.

Schnorchelparadies Catalina.
Schnorchelparadies Catalina.

„Im Winter kann man Wale beobachten, die auf dem Weg von Alaska nach Mexiko an der Insel vorbeiziehen und mit ihren Wasserfontänen für ein spektakuläres Schauspiel sorgen“ erzählt uns eine Inselbewohnerin.

Leider ist die Zeit ist knapp und wir sehen nicht sehr viel von der Insel. Wetterbedingt ist kein Rückflug mit dem Helikopter möglich. Auf der Insel ist zwar das schönste Wetter, vor der kalifornischen Küste wurde jedoch Nebel angesagt, weshalb wir die Fähre am späten Nachmittag nehmen müssen. Wetterbedingt fällt die letzte Fähre aus.

Fotos/Copyright: Catalina Island Chamber of Commerce & Visitor’s Bureau.

Anreise

Santa Catalina ist vom Festland (Long Beach, Newport Beach oder Marina del Rey) mit der Fähre (Catalina-Express) in nur einer Stunde zu erreichen. Schneller geht es mit dem Helikopter ab Long Beach.