Bunt und vielfältig, lebhafte Innenstadtviertel mit Immigranten aus allen Teilen der Erde, das Eishockey-Mekka schlechthin, eine Stadt der Superlative mit dem höchsten Turm der westlichen Welt, den meisten Graffiti Nordamerikas, der weltweit längsten Straße und dem längstem unterirdischem Wegenetz.
Der Name Toronto, der aus der Sprache der Mohawk-Indianer stammt, bedeutet „Treff- und Sammelpunkt“. Das passt, denn die größte Stadt Kanadas ist kosmopolitisch und multikulturell. Über 40 Prozent der Einwohner wurden im Ausland geboren und neben Englisch werden 140 weitere Sprachen und Dialekte gesprochen. Jede Nationalität hat ihre eigene Identität bewahrt und die vielen ethnischen Viertel im Zentrum zeigen, woher ihre ersten Bewohner kamen. Ein Grund dafür, weshalb die Vereinten Nationen Toronto 1988 zur multikulturellsten Stadt der Welt kürten.
Das Völkergemisch erlebt man nirgendwo so intensiv wie im kunterbunten Szeneviertel Kensington Market. Ein Muss für jeden, der das Besondere sucht. Was zuerst auffällt, sind die knallbunt gestrichenen Häuser, wie man sie sonst nur in der Karibik sieht. Hier sind Südamerikaner, Italiener, Griechen, Portugiesen, Koreaner und Vietnamesen zuhause. Im Viertel gibt es kleine Spezialitätenläden, Bäckereien mit leckeren Bagels, Health Food, Smoothie-Läden, Cafés, skurrile Galerien, schräge Vintage-Klamotten und ausgefallene Souvenirs.
Internationale Ketten und Starbucks sucht man hier vergebens. Ein Hingucker sind Street Art und Graffiti – Toronto gilt als die Graffiti- und Street-Art-Hauptstadt Nordamerikas. Rund um Kensington Market findet sich kaum ein Haus, ein Garagentor oder Mauern, die nicht als Leinwand benutzt wurden. Diverse Agenturen bieten Graffiti-Touren mit Street-Art-Künstlern an, auf denen die gesprayten Werke interpretiert und erklärt werden.
„Einen Einblick in die ethnische Vielfalt der Stadt erhalten Besucher auch im St. Lawrence Market im Zentrum der Altstadt, und zwar von den Verkäufern bis hin zu den angebotenen Waren. Hier kann man außerdem herrlich frühstücken“, erfahre ich von Kathy Buckworth, preisgekrönte Torontoer Autorin, Kolumnistin und TV-Persönlichkeit. In dem Gebäude in der Front Street, das von 1845 bis 1899 als Rathaus diente, befinden sich in der Halle im Erdgeschoss unzählige Lebensmittelstände mit Gemüse und Obst, Käse, Backwaren, Seafood und Delikatessen, in den oberen Etagen sind Restaurants und Kunsthandwerkboutiquen untergebracht. Samstags findet in der Halle ab fünf Uhr morgens der Farmer’s Market statt.
Wahrzeichen der Stadt ist der CN Tower, der von überall zu sehen ist. „Wer noch nie in Toronto war, sollte am ersten Morgen auf die Aussichtsplattform Sky Pod hinauffahren und sich die Stadt in der Vogelperspektive anschauen, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen“, rät Kathy. Der Fernsehturm, dessen Spitze sich mitunter über den Wolken befindet, ist 553 Meter hoch und war bis zum Bau des Burj Khalifa in Dubai das höchste freistehende Bauwerk der Welt. Vom Sky Pod in 447 Metern Höhe hat man einen spektakulären Rundumblick über die Hochhausschluchten von Downtown Toronto, die Vororte, den Jachthafen, die vorgelagerten Inseln und den Lake Ontario.
Ist der Himmel klar, sieht man am anderen Ufer des Sees die gewaltige Gischtsäule der Niagarafälle. Das Sky Pod bietet zudem einen hervorragenden Überblick über das Zentrum und darüber, wie einfach es ist, sich darin zurechtzufinden.
Die Straßen verlaufen fast alle rechtwinklig zueinander. Die Yonge Street, die Hauptschlagader Torontos, die nach 1896 Kilometern als Provinzstraße im Norden Ontarios endet, trennt das Zentrum in Ost und West. Wer Nervenkitzel nicht scheut, hat die Möglichkeit, in schwindelerregender Höhe auf dem Edge Walk auf einem eineinhalb Meter breiten Sims angeseilt einmal rund um den CN Tower zu wandern. Ich bin nicht schwindelfrei und verzichte.
In der lebhaften Yonge Street mit ihren tausenden kleinen Läden befindet sich die Hockey Hall of Fame. „Ein absolutes Muss für eingefleischte Hockey-Fans“, so Kathy. Eishockey ist Teil der Kultur der Kanadier und Toronto ist das Mekka des Hockeys. 381 Eishockeyspieler wurden bisher in die Hall of Fame aufgenommen. Die Ruhmeshalle fungiert gleichzeitig als Museum mit Ausstellungsstücken zu berühmten Teams und Spielern.
Wer wie ich nichts mit Hockey am Hut hat und sich stattdessen ein Museum anschauen möchte, geht ins Royal Ontario Museum (ROM) im Queen’s Park, wo auch das prunkvolle Parlamentsgebäude von Ontario steht. Mit über sechs Millionen Exponaten, darunter eine bemerkenswerte Sammlung an Dinosauriern, ist das Museum eines der größten in Nordamerika. „Für mich ist das ROM das beste Museum der Stadt. Es gibt dort umfangreiche Dauerausstellungen, die bei Torontoer Familien sehr beliebt sind, wie die Fledermaushöhle oder die ägyptischen Mumien sowie eine hervorragende Auswahl an Wechselausstellungen. Zudem gibt es zahlreiche Events für Familien und Abendveranstaltungen“, erklärt Kathy. Das ROM besitzt eine große völkerkundliche Sammlung zu Kulturen aus allen Erdteilen sowie die größte Sammlung chinesischer Kunst außerhalb Chinas.
Wem der Sinn weder nach Hockey noch nach Völkerkunde, sondern nach Kunst steht, macht einen Abstecher in die Art Gallery of Ontario, kurz AGO, in der Dundas Street. Auf 45.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche findet man neben kanadischer Malerei auch die europäische mit Werken von Gauguin, Monet, Van Gogh, Picasso, Renoir, Rubens, sowie mit 141 Skulpturen, 77 Zeichnungen und 711 Drucken die weltweit größte öffentliche Sammlung des britischen Bildhauers und Zeichners Henry Moore. Auch Fotografie ist mit über 11.000 Werken vertreten, die in Wechselausstellungen gezeigt werden.
Nicht weit von der Art Gallery, dort, wo sich die Dundas Street mit der Spadina Avenue kreuzt, beginnt Chinatown, neben dem benachbarten Kensington Market eines der buntesten Viertel der Stadt. Hier leben rund 350.000 Chinesen. Die Straßenschilder sind sowohl mit lateinischen als auch chinesischen Schriftzeichen beschriftet und an fast allen Geschäften ist chinesische Leuchtreklame in allen Farben des Regenbogens befestigt. In den Läden und bei den Händlern auf der Straße wird alles angeboten, was man sich denken kann: Seidenkleidung in allen Größen, exotische Gewürze, getrocknete Krabben, Reis, gebratene Enten, Porzellan, Badeschlappen, MP3-Player bis hin zu künstlichen Weihnachtsbäumen zu jeder Jahreszeit. An den Ständen wird lebhaft auf Chinesisch verhandelt, diskutiert und gestritten. Ich fühle mich fast wie in Shanghai.
Ist Shopping angesagt und das Wetter spielt nicht mit, begibt man sich ins PATH, Torontos Unterwelt, wo sich eine Einkaufszeile mit rund 1200 Geschäften, Cafés und Restaurants befindet, die einmal jährlich den größten unterirdischen Straßenbasar der Welt veranstalten. Das weltweit längste unterirdische Wegenetz verbindet über 50 Gebäudekomplexe im Zentrum, darunter der CN Tower und die Hockey Hall of Fame, über ein Tunnelsystem von insgesamt 30 Kilometern Länge. Sich in diesem Labyrinth nicht zu verlaufen, erfordert allerdings etwas Übung. Es gibt zwar zahlreiche Wegweiser, als Anfänger laufe ich jedoch mehrmals im Kreis und muss zur Orientierung immer wieder an die Oberfläche.
Die schönste Art, den Tag in Toronto zu beenden ist die, wie man ihn begonnen hat. Auf dem CN Tower. Dieses Mal aber nicht auf dem Sky Pod, sondern beim Dinner im „360 Restaurant“, das sich auf 351 Metern Höhe in knapp einer Stunde einmal um den Turm dreht und dabei einen grandiosen Blick über das Lichtermeer von Toronto bietet.
Tipp: Ausflug zu den Niagara-Fällen. Mit dem Bus oder Mietwagen ist man in knapp eineinhalb Stunden dort.
INFO: Icelandair bietet ganzjährig günstige Flüge direkt ab Frankfurt/Main über Island nach Toronto an. Die Nordamerikastrecke punktet durch kurze Umsteigezeiten, 2 x 23 Kilogramm Freigepäck pro Person in der Economy Class sowie der Möglichkeit, einen Stopover bis zu sieben Nächten in Island einzulegen, ohne dass sich der Flugpreis erhöht.
Weitere Infos zu Toronto: Ontario Tourism www.ontariotravel.net/de
Die Autorin war auf Einladung von Ontario Tourism und Icelandair in Toronto.
2 Gedanken zu „Toronto, die multikulturellste Stadt der Welt“