Mai 21

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Happy Birthday: 70 Jahre Filmfestival von Cannes

Hätten die faschistischen Regierungen Deutschlands und Italiens 1937 darauf verzichtet, auf die Wahl der Filme beim Filmfestival in Venedig Einfluss zu nehmen, gäbe es die Filmfestspiele in Cannes wahrscheinlich gar nicht. Schockiert über die Einflussnahme beschlossen Filmschaffende aus den USA, England und Frankreich, ein unabhängiges Festival in Frankreich zu gründen. Aufgrund des herrlichen Klimas und der günstigen Lage entschied man sich für die Stadt an der Côte d’Azur. Das Festival sollte am 1. September 1939 beginnen. Nur wenige Stunden vor der Eröffnung überfiel die deutsche Wehrmacht Polen, der Zweite Weltkrieg begann, und die Veranstaltung wurde abgebrochen, bevor sie richtig begonnen hatte. Das erste Filmfestival von Cannes fand sieben Jahre später, vom 20. September bis 5. Oktober 1946 statt.

TraversoGilles Traverso

Wenn das Festival am 17. Mai beginnt, ist auch Gilles Traverso wieder dabei. Wie schon sein Vater und Großvater zuvor ist er einer der acht Fotografen, die direkt auf dem roten Teppich fotografieren dürfen. Sein erstes Star-Foto hat er 1977 mit 18 Jahren geschossen. „Mein Vater schickte mich damals ins Carlton, wo Jane Fonda logierte und sagte: komm bloß nicht ohne ein Foto von ihr zurück! Ich hatte eine Rolleiflex und eine Rolle mit 12 Fotos dabei, war schrecklich nervös und hatte Angst, dass mir nicht ein einziges Fotos gelingen würde. Als die Fotos entwickelt waren, war mein Vater zufrieden und sagte, dass ich eines der wichtigsten Fotos des Festivals geschossen hätte. Tatsächlich ist es bis heute eines meiner Lieblingsfotos, denn es war nicht nur mein erstes Festivalfoto, sondern es war auch das erste Mal, dass ich allein zum Fotografieren losziehen durfte.“ In dem 2011 erschienenen Fotoband „Cannes Cinema“ wird die Geschichte des Festivals mit ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Fotos der Traversos erzählt.

Filmfestival Cannes

Großvater Auguste und Gründer von „Maison Traverso“, schoss das allererste Bild des 1939 abgebrochenen Filmfestivals – er fotografierte Louis Lumière, einen der Begründer des Kinos, als dieser am 1. September 1939 in Cannes aus dem Zug stieg, um als Ehrenpräsident des Festivals zu fungieren. „Als mein Vater in den 1940er und 1950er Jahren fotografierte, herrschte während des Festivals so gut wie keine Hektik. Die Stars blieben zwei Wochen lang in Cannes und ließen sich höchstens von 10 Fotografen ablichten und von 10 Journalisten interviewen. Heute bleiben sie ein bis zwei Tage und müssen in dieser Zeit vor 100 Fotografen posieren und genau so vielen Journalisten Fragen beantworten.“

Copyright: Palais des Festival et des Congrès de Cannes: Fotograf: Hervé Fabre

Die Traversos hatten alle berühmten Filmstars und Regisseure vor dem Objektiv: Hitchcock, Fellini, Antonioni, Truffaut, Cary Grant, Clint Eastwood, Sophia Loren bis hin zu Brad Pitt und Angelina Jolie. Die Fotos haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Ihnen fehlt das Spontane, die Lebendigkeit.

Traverso 2Ausstellung im Palais des Festivals - Brigitte Bardot, fotografiert von Henri Traverso

„Früher fotografierten wir die Stars am Strand, auf der Croisette oder im Hotel. Das ist mit dem Medienaufkommen, den vielen Schaulustigen und Selfie-Jägern heute nicht mehr möglich“, sagt Gilles Traverso. Es ist kaum vorstellbar, dass George Clooney heute unbehelligt von seinem Hotel zum Festivalpalast spazieren könnte, wie es Paul Newman damals tat.

Einer, der während des Festival alle Hände voll zu tun hat ist Maxime, seit 2002 Concierge im legendären Carlton, das 1954 Schauplatz des Hitchcock-Krimis „To Catch A Thief“ war. Auf Deutsch bekam der Film den Titel „Über den Dächern von Nizza“, obwohl „Le Chat“ ihr Unwesen über den Dächern von Cannes trieb. Während der zwei Wochen im Mai herrscht am Concierge-Tisch allerhand Trubel. Täglich kommen 1000 Briefe und Pakete an, die auf die jeweiligen Zimmer verteilt werden müssen, und die Stars und Filmschaffenden haben rund um die Uhr jede Menge Extrawünsche. „Allerdings keine ausgefallene Wünsche“, sagt Maxime lachend.

Maxime bei der Arbeit

Eine Begegnung, die er nie vergessen wird, ist die mit Pierce Brosnan, der ihn vom Flughafen aus anrief und ihn um irgendeine Kleinigkeit bat. „Ich erinnere mich nicht mehr, was es war. Als er im Hotel ankam fragte er mich: Sind Sie Louis?“ Ich antwortete, dass er hier keinen Louis gibt, dass mein Name Maxime sei und ich mit ihm am Telefon gesprochen habe. Daraufhin erwiderte er: Ich bin James Bond, und Sie sind während des Filmfestivals Louis. Er blieb zwei Wochen, und zwei Wochen lang war ich Louis. Und für mich war er James. Einmal wohnte er im Martinez, da bei uns alles ausgebucht war. Er kam im Carlton vorbei und sagte: Hallo Maxime, wie geht es Ihnen? Er war nur vorbeigekommen, um mir Hallo zu sagen. Das war schon etwas Besonderes“, erzählt Maxime, der neben Brosnan Sean Penn und Antonio Banderas zu den nettesten Stars zählt. Der aus Aus Aix-en-Provence stammende Concierge liebt Cannes, „weil es wie ein Dorf ist, in dem jeder jeden kennt. Wir haben das Meer und herrliche Strände, in einer Stunde ist man in den Bergen zum Skilaufen, es gibt gute Laufstrecken für Jogger, und wir haben erstklassige Restaurants. Was will man mehr?“

BriardLaurent Briard in seinem Barber Shop

Einen gut gestutzten Bart zum Beispiel, in Barb’Hair Shop. In seinem Laden am Boulevard Carnot hält Laurent Briard seit 2007 das alte Barbierhandwerk am Leben. „In Cannes gibt es unzählige Salons, die auf Frauen ausgerichtet sind, deshalb wollte ich einen reinen Barbershop eröffnen, in dem Männer unter sich sein können“, so der Barbier. Darüber freuen sich während der Filmfestspiele zahlreiche Schauspieler, so im letzten Jahr auch La La Land Star Ryan Gosling, der sich von Laurent den Bart stutzen ließ. Die Ausbildung zum Barbier ist in Frankreich seit den frühen 90er Jahren nicht mehr möglich. Laurent Briard war einer der letzten Auszubildenden in einem Beruf, der zumindest in seinem Land zur aussterbenden Spezies gehört. Sein Laden boomt, seit wieder mehr Bärte getragen werden. Flink schneidet er mit der Schere den Bart von Hand, trimmt die Kanten mit einem Rasierer, schäumt den Hals ein, bearbeitet ihn mit dem Rasiermesser und plaudert dabei über sein Metier. Ob dabei ein Hollywood-Star in dem 50er Jahre Stuhl vor ihm sitzt, beeindruckt ihn wenig.

Die Autorin war auf Einladung von Côte d’Azur Tourisme in Cannes.

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