Während des farbenprächtigen Volksfestes zu Ehren der Toten, isst, trinkt und tanzt man zusammen mit den Geistern der Verstorbenen auf den Friedhöfen. Der bedeutendste Feiertag Mexikos wurde 2008 in die „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes“ der UNESCO aufgenommen und zählt seitdem zum Kulturerbe der Menschheit.
Bewappnet mit Leitern, riesigen Blumensträußen und Taschen voller Speisen strömen die Massen die hügelige Straße zum Friedhof hinauf. Auf der einen Seite der engen Straße wurde zur Feier des Tages Buden aufgestellt, in denen gekocht, gebrutzelt und gebacken wird. Tortillas, Enchiladas, Tacos, Tostadas, gegrillte Maiskolben, Salsa Macha, scharf gewürzte Suppen und Eintöpfe, schwarze Bohnen. Wer für das Picknick das Leibgericht des Verstorbenen nicht von zu Hause mitgebracht hat, deckt sich an den Ständen ein. Auf der anderen Seite der Straße sitzen alte Frauen auf Hockern und verkaufen die leuchtend orangefarbenen Cempasúchil, auch Flor de Muertos (Blume der Toten) genannt. Der starke Duft der Blumen und die Gerüche der scharfen Chili-Gewürze vermischen sich und liegen schwer in der Luft.
Am Eingang zum Friedhof steht ein Junge, der für ein paar Pesos aus einem Brunnen Wasser in große Konservendosen füllt. Vasen für die Cempasúchil. An der Wand, in denen sich die Urnengräber befinden, lehnen Leitern. Schließlich soll auch das höchst liegende Grab mit Blumen und bunten Totenschädeln geschmückt werden. Gegenüber der Wand springt ein junger Priester in weißem Gewand mit einem Weihrauchfass zwischen den Gräbern umher und segnet die Verstorbenen. An einem Grab steht eine Gruppe junger Männer, die auf Gitarren spielen und die Lieblingslieder des Verstorbenen singen. Als ich später wieder vorbeikomme, sitzen sie um das Grab herum, essen und trinken und stoßen mit einem Glas Tequila auf den Verstorbenen an. An vielen Gräbern steht noch das Essen, das Familienangehörige am Vorabend für die Verstorbenen vorbeigebracht haben. Die großen Gräber sind üppig geschmückt Mit Blumen, Früchten und Süßigkeiten. An den ärmeren Gräbern stehen Coladosen, an einem Grab liegt eine Packung Toast. Der Día de los Muertos ist keine Trauerveranstaltung, sondern ein farbenprächtiges Fest zu Ehren der Toten und der wichtigste Feiertag in Mexiko.
Nach altem Glauben kehren in der Nacht vom 1. auf den 2. November die Toten aus dem Jenseits zurück, um ihre Familien zu besuchen. Diese schmücken am Abend des 1. November die Gräber mit Kerzen, Speisen und Fotos der Verstorbenen. Viele legen die leuchtend orangefarbene Cempasúchil vom Grab bis zum Haus der Familie aus, damit sich die Toten in der Dunkelheit nicht verlaufen.
Empfangen werden sie mit blumengeschmückten Gabentischen, die mit dem Pan de Muertos, dem Totenbrot, und wichtigen Utensilien aus ihrem ehemaligen irdischen Dasein gedeckt sind. Auf einigen Tischen befinden sich eine Schüssel Wasser, Seife und Handtuch, sodass sich die Heimkehrer vor dem Essen frisch machen können. Nicht nur in Privathäusern, sondern auch an vielen öffentlichen Plätzen und in Museen werden Gabentische errichtet. Am Eingang des Museo del Pueblo in Guanajuato führt ein Weg voller Cempasúchil-Blüten zu einem reich gedeckten Altar, auf dem auch die Schuhe der Verstorbenen stehen.
Auf der Plaza de la Paz in Guanajuato wird jährlich ein Altar für Diego Rivera errichtet. Der Maler wurde 1886 in der zentralmexikanischen Stadt geboren. Am Morgen des 2. November verwandeln sich die Straßen vieler Städte in Blütenteppiche.
Die Vorbereitungen für den Día de Muertos beginnen bereits Mitte Oktober. An jeder Straßenecke und auf Plätzen findet man Stände, an denen bunte Totenköpfe aus Zuckerguss und Schokolade verkauft werden. In Restaurants werden die Wände mit bunten Skeletten aus Pappmaché und anderen skurrilen Todessymbolen dekoriert.
Eine wichtige Rolle spielt die Skelettskulptur „La Catrina“. Seit Diego Rivera sie in seinem Gemälde „Sonntagsträumerei in der Alameda“ dargestellt hat, ist sie für den Día de los Muertos zum Symbol geworden. „La Catrina“ aus Gips oder Pappmaché lehnt an diesen Tagen übergroß an vielen Türen zu Restaurants, Läden und Museen. Kellnerinnen verkleiden sich und treten als Catrina auf. Am Abend des 31. Oktober gibt es in vielen Städten Catrina-Umzüge.
Die Stufen zur Universität von Guanajuato werden am Dia de Muertos den verstorbenen Bergarbeitern gewidmet.
“Wir haben bis in die frühen Morgenstunden am Grab meines Onkels gefeiert, Anekdoten erzählt, viel gelacht und getanzt”, erzählt Raoul, der neben uns am einem Tortilla-Stand steht. “Wir sind gegen 4 nach Hause gegangen, haben kurz geschlafen und sind nun mit anderen Verwandten am Grab meines Onkels zum Brunch verabredet. Wir freuen uns jedes Jahr auf den Día de Muertos!”
¡Hasta el próximo año! ruft er uns nach, als er mit einem Berg voller Tortillas Richtung Grab verschwindet.
INFO
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November 13, 2014 at 9:14 vormittags
Ich mag diesen farbenfrohen Brauch und den unbeschwerten Umgang mit den Toten. Du hast das toll dokumentiert mit schönen Bildern. Danke!
Oliver 2.0
November 13, 2014 at 4:42 nachmittags
Danke! Es ist aber auch ein einzigartiges Fest.
Dezember 15, 2014 at 9:08 nachmittags
That is a colorful way to celebrate that day. It is actually nice and creative.