Paraguay ist im Vergleich zu seinen südamerikanischen Nachbarn Uruguay, Argentinien und Brasilien touristisch eher unerschlossen und unberührt. Die einzigen Touristen, die man trifft, sind Brasilianer auf Einkaufstour in einer der gigantischen Malls in der Hauptstadt Asunción. Wer auf seiner Südamerikareise nur wenige Tage in Paraguay verbringt, sollte unbedingt die 7-stündige “Circuito de Oro” -Tour einplanen. Der Ring um den Großraum Asunción beträgt etwa 160 Kilometer.
Da wir nur drei Tage in Paraguay sind, möchten wir in kurzer Zeit so viel wie möglich vom Land sehen - bei 47 °C jedoch nicht unbedingt in einem unklimatisierten Bus durch die Gegend gondeln. Der Concierge unseres Hotels empfiehlt uns eine Privattour mit Fahrer, der gleichzeitig als Tourguide fungiert. Gegen 9 am nächsten Morgen begrüßt uns Jesús in der Lobby. Der sympathische Mittdreißiger, der mehrere Jahre in den USA, Portugal, Spanien und Argentinien gelebt hat, erklärt uns die Route. Erster Stopp ist Itá, etwa 35 Kilometer von Asunción entfernt. In Guarani, der Sprache der gleichnamigen Ureinwohner Paraguays, bedeutet Itá Stein. Der Ort ist auch als Hauptstadt der Keramik bekannt. Die Keramikproduktion reicht bis zur Kolonialzeit zurück. Die bekannteste Keramikkünstlerin ist Rosa Brítez. Ihre Werke sind zum Verkauf im Centro Artesanal ausgestellt, das direkt an der Straße Ruta 1 liegt. Unser Aufenthalt ist kurz, denn die Keramikskulpturen sind für unseren Geschmack etwas zu kitschig.
Die Fahrt geht weiter nach Yaguarón, wo eine der wichtigsten Kirchen des Landes steht, die Iglesia de San Buenaventura. Der spanische Franziskaner Alonso de Buenaventura ließ die Kirche im Jahr 1600 von den Guarani-Indianern erbauen. Der Ort war damals ein Franziskaner-Reservat für die Guarani. Eigentlich ist die Kirche für Besucher geschlossen, Jesús kennt jedoch den Hausmeister und so kommen wir hinein und dürfen uns sogar die Sakristei mit Prozessionsfiguren aus dem 18. Jahrhundert anschauen. Jesús erklärt uns, dass die Indianer als Unterschrift ihre eigenen Gesichter an die Kirchendecke malten, um so darauf hinzuweisen, dass sie die Erbauer der Kirche waren.
Auf den Kirchenbänken sind die Namen der Familien eingraviert, die während der letzten hundert Jahre Geld an die Kirche gespendet haben.
Nächster Stopp ist der Monte Aramí in Paraguarí. Der Weg hinauf ist holprig, aber oben angekommen haben wir eine herrliche Aussicht über die Umgebung.
Vom Monte Arami aus fahren wir am Eco-Reserva Mbatovi entlang, das sich bis Piribebuy erstreckt. Der Name Mbatovi stammt aus der Sprache der Guarani. “In Paraguay sprechen wir sowohl Spanisch als auch Guarani. Wir lernen die Sprache in der Grundschule und in der Alltagssprache vermischen wir diese beiden Sprachen gerne miteinander”, sagt Jesús. Ich hatte mich schon gewundert, warum ich das Spanisch hier so schlecht verstehe!
Immer wieder überholen wir Kühe auf der Ruta 1, die gemächlich am Straßenrand entlang trotten und neugierig ans Autofenster kommen, sobald ich meine Kamera auf sie richte.
In Piribebuy machen wir wieder Halt. Hier befindet sich ein kleines Privatmuseum, das dem “Krieg gegen die Tripelallianz” (Argentinien, Brasilien und Uruguay 1864-70) sowie dem Chacokrieg (gegen Bolivien 1932-35) gewidmet ist. Während des Krieges, 1869, wurde Piribebuy vorübergehend zur Hauptstadt Paraguays ernannt.
Spirituelle Hauptstadt Paraguays ist der Wallfahrtsort Caacupé auf der Ruta 2. Im Zentrum der kleinen Stadt liegt die Kathedrale San Francisco. Die Kirche wurde erst 1988 erbaut, im selben Jahr von Papst Johannes Paul II. eingeweiht und ist der Heiligen Jungfrau von Caacupé gewidmet.
Der Legende nach, so Jesús, wurde im 16. Jahrhundert ein von den Franziskanern bekehrter Guaraní -Indianer von einem verfeindeten Stamm verfolgt. Er schwor bei der Jungfrau Maria, ihr ein Ebenbild aus Holz zu schnitzen, wenn sie ihn beschütze. Der Guaraní überlebte und löste sein Versprechen ein.
Jährlich findet am 8. Dezember, dem Tag der Heiligen Jungfrau von Caacupé, eine Prozession von Asunción nach Caacupé statt. Ganze elf Stunden dauert der 54 Kilometer lange Marsch. “Als ich jünger war, habe ich an der Prozession teilgenommen. Das war anstrengender als ein Marathonlauf!” erzählt Jesús. Vor der Kirche versammeln sich am Tag der Hl. Jungfrau über hunderttausend Gläubige aus Paraguay, Argentinien und Brasilien. Die Stadt ist nicht nur Wallfahrtsort, sondern außerdem Treffpunkt europäischer Expats, die in der Umgebung leben. “Das liegt wohl daran, dass es hier sehr viele Restaurants mit europäischer Küche gibt”, sagt Jesús.
Nicht weit von Caacupé liegt die Kleinstadt San Bernardino, die 1881 von deutschen Einwanderern als Nueva Baviera (Neubayern) gegründet wurde. Nach dem 1. Weltkrieg wurde sie nach dem General und Präsidenten Paraguays Bernardino Caballero benannt. Die Flagge der Stadt, die vor einigen Häusern weht, entspricht der Flagge Deutschlands.
Die Stadt liegt am Ostufer des Ypacarai-Sees und war im 19. Jahrhundert eine beliebte Sommerresidenz der Elite des Landes. Aus dieser Zeit zeugen prachtvolle alte Villen. Heute ist San Bernardino einer der beliebtesten Badeorte Paraguays. Versteckt hinter Mauern befinden sich die Wochenendhäuser wohlhabender Hauptstädter. “Im Moment kann man im See jedoch nicht baden”, sagt Jesús. “Er ist kontaminiert. Man nimmt an, dass ein Schlachthaus in der Nähe seine Abfälle in den See geleitet hat”.
Letzter Stopp ist das Künstlerstädtchen Areguá. Auf dem höchsten Punkt der Stadt liegt die Kirche Candelaria, von deren Stufen aus man einen herrlichen Blick über den Ypacarai-See hat.
Bevor wir nach Asunción zurück fahren, essen wir im Café Frances, das die Französin Angela mit ihrem Mann Lucien vor fünf Jahren eröffnet hat. Angela spricht kein Spanisch und kommuniziert mit ihrer Kellnerin auf Französisch, das diese wiederum nicht versteht. Aus den Lautsprechern tönt Edith Piaf. Das Ambiente ist französisch, an den Wänden hängen Bilder aus der Auvergne. Angela und ihr Mann sind Mitte 60 - Spätauswanderer. Sie hatten das schlechte Wetter in Frankreich statt, sagt sie.
INFO
Die Tour wird von Hotels angeboten und kostet pro Person 180 bis 200 US-Dollar. Im Preis inbegriffen sind der Transport in einer viersitzigen Limousine mit Klimaanlage, Getränken, Snacks und Sandwiches sowie einem englischsprachigen Fahrer, der gleichzeitig Tourguide ist.
Januar 24, 2014 um 5:46 nachmittags
Paraguay, ein Land in das ich auch gerne einmal reisen würde. Schöne Eindrücke!
Januar 24, 2014 um 11:01 nachmittags
Vor allem ein Land ohne Massentourismus, denn es gibt kein Meer mit Strand und das hält die meisten Touristen davon ab, nach Paraguay zu reisen. Man sieht nur Argentinier und Brasilianer auf Einkaufstour. Tagestourismus, mehr oder weniger.