Der nördlichste Zipfel Italiens ist voller Kontraste. Alpines geht Hand in Hand mit Mediterranem. Knapp 4.000 Meter hohe vergletscherte Berge, Badeseen mit Palmenstränden, Obstplantagen, herrliche Blumengärten und eine Küche mit Einflüssen aus dem Nachbarland Tirol. Der Südtiroler Jungkoch Markus Holzer verbindet beide kulinarische Welten in seinem Restaurant im Hochpustertal auf höchst kreative Weise.
„Ich wohne nur ein paar Kilometer vom ehemaligen Reich der Habsburger entfernt. Meine Heimat gehörte bis vor etwa 90 Jahren noch dazu, und es herrschen vollkommen unterschiedliche Ansichten darüber, wie man Nudeln isst“, sagt Markus Holzer, Küchenchef des Jora Mountain Dining in Innichen, im Herzen des Hochpustertals. „Für den Bewohner des Stiefelstaates ist Pasta prinzipiell eine Vorspeise. Niemals jedoch isst ein Italiener die Nudeln als Sättigungsbeilage zu einer Fleisch- oder Fischhauptspeise. Viele Nationen, und auch viele Südtiroler, finden es dagegen vollkommen normal als Beilage zu einem Gulasch ein paar Maccheroni zu verzehren. Bitte setzt das niemals einem Italiener vor, es könnte fatale Auswirkungen nach sich ziehen“, erklärt der passionierte Koch in seinem Buch Pasta on the Rocks.
Zu seinen kulinarischen Kreationen gehören Buchweizen-Tagliolini mit Hirschcarpaccio und Zuckerschoten, Rucola-Bandnudeln mit Tomatenpesto und Kirchererbsen, Kartoffelteigtaschen mit Radicchiofüllung und Pistazienbutter, Rohnen-Strigoli mit gebeizter Forelle und Zucchiniblüte, Schwarzbrotnudeln mit Speck, Lauch und Graukäse, Orecchiette mit Kürbis, Speck und Räuchertropfen. Speck ist ein wichtiger Bestandteil der Küche. Schließlich gehört er seit Jahrhunderten zu den Leibspeisen beidseits des Brenners.
Das Restaurant liegt in bilderbuchartiger Lage oberhalb von Innichen (italienisch San Candido) am Fuße des knapp 3.000 Meter hohen Haunolds – im Sommer inmitten von saftigen Wiesen, im Winter direkt auf den Skipisten der Sextner Dolomiten. Gegründet wurde es vor knapp 13 Jahren als Jora-Hütte von Toni und Rosemarie Holzer, den Eltern des talentierten Jungkochs. In die Wiege gelegt wurde Markus Holzer das Kochtalent allerdings nicht. „Ich war besonders untalentiert und ließ alles anbrennen, was man anbrennen lassen konnte“, lacht er. Mit seiner Kochausbildung begann er erst nach dem Abitur. „Was noch gegen mein Talent sprach, war das Resultat meiner Gesellenprüfung. Ich fühlte mich natürlich super schlau, als 20-jähriger unter lauter 15-jährigen und natürlich auch deshalb, weil ich mit meinem Abschluss in der 2. Klasse einsteigen durfte. Dann ließ ich auch die 3. Klasse aus und trat direkt zur Prüfung an. Was folgte, können Sie sich sicher denken. Ich fiel durch“. Die Prüfung schaffte er dann ein Jahr später.
Nach Stationen in Florenz, München und diversen Restaurants in Südtirol stieg Markus Holzer vor fünf Jahren in den elterlichen Betrieb ein und fungiert dort seither als Küchenchef. Für die Gerichte verwendet er ausschließlich regionale Produkte und heimische Wildkräuter. „Wenn man nachhaltig arbeiten will, kommt man um das Regionale nicht herum“, erklärt er. „Ich verwende Produkte, die ich von der Ernte ab begleite, und ich kenne die Bauern persönlich, von denen ich Fleisch, Käse und Speck beziehe“.
Im Restaurant der urigen Jora-Hütte finden bis zu 60 Personen an zehn Tischen Platz. Auf der Sonnenterrasse noch mal so viel. Zweimal in der Woche finden Themenabende statt – donnerstags ein Pastaabend mit einem sechsgängigen Pastamenü mit Dessertbuffet und samstags den Mountain Dining Gourmetabend. Auf der Karte des Gourmetabends stehen Gerichte wie Minze-Maccheroni mit Golden Gel-Käse und Speck, Gnocchi mit Garnelen, Zucchini und Kresse, Dinkel-Schlutzkrapfen mit Brennnesselfüllung und Holunderblüten, Lasagne mit Bratwurst und Rucola, Rohnentagliolini mit Pesto und Burrata sowie Schwarzbrotravioli mit Selchfleisch und Sommertrüffel. Auf Anfrage bereitet Markus Holzer auch gerne ein veganes und vegetarisches Pastamenü zu.
Man muss aber nicht unbedingt ins Hochpustertal reisen, um in den Genuss der ungewöhnlichen Pastakreationen zu kommen. Im letzten Jahr brachte Markus Holzer sein Buch „Pasta on the Rocks – Geheimnisse des Mountain Dining“ mit 75 Rezepten heraus. Das Buch ist allerdings alles andere als ein herkömmliches Kochbuch. „Ich wusste genau, dass ich für mich nicht den Anspruch hatte, ein klassisches Kochbuch zu schreiben. Das war mir zu langweilig. Mir schwebte von Beginn an vor, das Buch eher wie einen Kochkurs zu gestalten. Dort erzähle ich immer von meinen beruflichen Erlebnissen, wer mir was beigebracht hat und so ganz nebenbei werden auch ein paar Gerichte gekocht“, sagt Holzer.
Zwischen den Rezepten lüftet er auf unterhaltsame Weise die Geheimnisse der Pastazubereitung und schreibt humorvoll über seinen nicht ganz so einfachen Werdegang als Koch und die Eigenheiten seiner Landsleute. „Eine recht interessante Eigenschaft der Südtiroler ist ihr Opportunismus“, sagt er lachend. „Auf der einen Seite wird gegen Italien gewettert, bei Bedarf sind wir dann doch wieder Italiener. Eventuell können wir aber immer noch zu den Österreichern rennen, damit diese doch bitte von ihrer Schutzmachtfunktion Gebrauch machen. Bei einer Fußball-WM halten dann aber wieder alle zu Italien“.
INFO
Jora Mountain Dining - A
Adresse und Anfahrt: Mercato Vecchio 6, Innichen. Das Auto kann auf dem Parkplatz der Haunoldlifte in der Schranzhoferstr. 26 geparkt werden. Zu Fuß geht es von dort aus in ca. 20 Minuten über den Weg Nr. 6 hinauf zur Jora-Hütte. Im Winter mit den Skiern ab Talstation des Skiliftes „Doris“ am Haunold.
Tipp: Für Themenabende bietet Jora Mountain Dining einen Taxidienst vom Parkplatz des Sesselliftes zur Hütte an. Mittags werden täglich wechselnde Menüs angeboten, darunter vegetarisches, Alm- und Gourmet-Menü Preise: Ein 6-gängiges Menü kostet 59 Euro pro Person, ein 4-gängiges Menü 49 Euro pro Person, jeweils ohne Getränke.
Anreise nach Innichen (San Candido)
Mit dem Auto: Brennerautobahn (A22) bis zur Ausfahrt Brixen/Pustertal. Von dort aus sind es ca. 60 Kilometer bis nach Innichen.
Mit dem Zug: Ab München bis Franzenfeste (Fortezza) und von dort aus mit dem Regionalexpress weiter nach Innichen.
Hoteltipp: Villa Stefania, An der Botenbrücke 1, Innichen.
Die Autorin nahm an der Pressereise “Jora Mountain Dining” auf Einladung von Markus Holzer teil.
Juli 16, 2014 um 1:34 nachmittags
Ach, da läuft einem ja nur noch das Wasser im Mund zusammen … :)
Juli 17, 2014 um 10:35 vormittags
Ohhh, wie lecker!
LG aus Barcelona.
Sabine
August 3, 2014 um 7:43 nachmittags
very good post :)
August 17, 2014 um 10:57 nachmittags
Wie lecker! Ich will unbedingt dahin :-)
August 20, 2014 um 8:16 nachmittags
ein herrlicher Bericht, stimmungsvoll und typisch für diese liebliche Region, gefällt mir :-)
Ernst