Idyllisch in einem sieben Hektar großen Park, umgeben von einem See, alten Bäumen und einem botanischen Garten liegt das Hotel Abbaye de la Brussière, eine ehemalige Zisterzienserabtei, im Weinbaugebiet der Côte-d’Or zwischen Dijon und Beaune. Wie einst die Mönche erleben Gäste inmitten herrlicher Natur und absoluter Stille die Kraft der Ruhe.
Herausfordernd schaut mich der Biber an. „Wenn sie mit diesem schwarzen Kasten in der Hand noch näher kommt, springe ich einfach ins Wasser und bin weg“ scheint er zu denken als ich mich mit meiner Kamera nähere. Der Biber, eigentlich ein Nutria, entscheidet sich für den Sprung ins Wasser. Er verschwindet zwischen den bunten Blättern, die auf dem kleinen See im Park von La Brussière treiben.
Das Hauptgebäude der früheren Abtei spiegelt sich in der herbstlichen Nachmittagssonne auf der Wasseroberfläche wider. Am Ufer ist ein Ruderboot an einer kleinen Steinsäule festgemacht. Sanft schaukelt es auf dem grünen See. So wie es daliegt erinnert es mich an das Gemälde „The Lady of Shallot“ von John William Waterhouse. „The Boat without the Lady of Shallot“, denke ich.
Gegründet wurde die Abbaye de la Brussière 1131 vom dritten Abt von Cîteaux, dem Engländer Stephan Harding. Nachdem die Abtei 1791 während der Französischen Revolution aufgehoben wurde, lange Zeit leer stand und dann hauptsächlich als religiöser Rückzugsort für Pilger diente, ist sie seit 2005 ein Luxushotel mit ganz besonderem Charme. Und steht, wie in ihren Anfangstagen, wieder unter englischer Leitung.
„Als wir 2004 zum ersten Mal von Freunden hörten, dass die Abtei zum Verkauf ansteht, sind wir kurzerhand nach Frankreich gefahren, um uns das Anwesen anzuschauen“, erzählt Clive Cummings, der damals zusammen mit seiner Frau Tanith das Hotel seiner Eltern, Amberley Castle in Essex, leitete. „Wir wollten unser eigenes Hotel, fanden in England aber nichts mit Wow-Faktor“. Als die beiden die Abbaye de la Brussière sahen, war es Liebe auf den ersten Blick.
„Wir unterschrieben den Kaufvertrag noch am selben Tag – ohne uns Gedanken über die Finanzierung zu machen. Wir vertrauten einfach ganz fest darauf, dass unsere Bank in England uns das notwendige Anfangsdarlehen gewähren würde“. Fünf Monate später zogen sie mit ihren Kindern, die heute 18, 17, 12 und 10 Jahre alt sind, in La Brussière ein. Das Ausmaß der Opposition, das sich ihnen seitens der Bevölkerung entgegenstellen sollte, ahnten sie allerdings nicht. Diese war wütend darüber, dass die Kirche die Abtei an Ausländer verkaufte die weiß Gott was aus ihr machen würden. Ein Architekt aus Dijon hatte zur Protestaktion „Rettet La Brussière“ aufgerufen und eine Petition gegen den Verkauf verfasst, die von über 3000 Menschen aus den umliegenden Ortschaften unterzeichnet wurde.
„Das war ganz besonders schwer für unsere Kinder, die versuchten, sich in der neuen Schule zu integrieren“, sagt Clive. „Die Kirche selbst hatte kein Geld, das Kloster instandzuhalten. Daran dachten die Unterzeichner der Petition nicht. Was wir daraus gemacht haben garantiert, dass das Gebäude für weitere 900 Jahre erhalten bleibt“. Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet.
Die Kosten für den Kauf, die Renovierung sowie die Personal- und Nebenkosten der ersten fünf Jahre beliefen sich auf rund 9 Millionen Euro. „Ich möchte diesen Betrag nicht genau aufschlüsseln, denn viele Leute kämen dann zu dem Schluss, der Kaufpreis wäre niedrig gewesen ohne jedoch zu verstehen, dass die Gebäude stark renovierungsbedürftig waren und dass zudem die Finanzierung der ersten fünf Jahre sichergestellt sein musste“, erklärt der sympathische Engländer. Für das Anfangsdarlehen bürgten seine Eltern mit Amberley Castle.
Zusammen mit Innenarchitekten verwandelten die Cummings die ehemalige Abtei innerhalb eines Jahres zu einem Luxushotel, das ein Jahr nach seiner Eröffnung als Mitglied bei Relais & Châteaux aufgenommen wurde. Bei der Restaurierung wurden alte Fresken entdeckt, die den Eingangsbereich an eine Kathedrale erinnern.
Eine imposante Treppe führt hinauf zu den Zimmern, deren antike Möbel und seidige Stoffe in modernem Design die Harmonie zwischen Trend und Tradition widerspiegeln. Jedes Zimmer ist individuell eingerichtet, keines gleicht dem anderen. Durch die Fenster hat man einen unglaublichen Blick auf die Weite des sieben Hektar großen Anwesens.
Zum Hotel gehören zwei Restaurants, von denen eines bereits im zweiten Jahr einen Michelin-Stern erhielt. Sternekoch Emmanuel Hebrard verwirklicht selbst spezielle Menüwünsche – so wie meine: vegetarisch und aufgrund einer Ei-Allergie keine Produkte, die Ei enthalten. In Hotel und Küche sind 20 festangestellte Mitarbeiter in Vollzeit sowie 15 saisonbedingt beschäftigt. Unter den insgesamt 35 Mitarbeitern befinden sich 28 Franzosen, drei Engländer, drei Italiener und ein Malaye. Clive, der früher als Chefkoch im elterlichen Hotel gearbeitet hat, steht selbst nicht mehr am Herd. Dazu bleibt keine Zeit. Zuhause bereitet er allerdings die Mahlzeiten für seine Familie zu.
Lewis und Bethany, die ältesten Kinder der Cummings, sind zum Studium nach England zurückgekehrt. Vermissen Clive und Tanith ihre alte Heimat? „Wir vermissen England wegen der Kinder“, sagt Clive und fügt hinzu: „Aber sobald wir ein paar Tage in England sind vermissen wir Frankreich!“ Den Tag in La Brussière beginnen die Cummings mit einem Spaziergang am Kanal mit ihren beiden Berner Sennenhunden Corton und Holsten. „Danach gehe ich ins Hotel, unterhalte mich mit den Gästen, mache Schreibtischarbeit und überprüfe zusammen mit meinen leitenden Mitarbeitern, ob alles für den täglichen Ablauf organisiert ist. Wenn es das Wetter erlaubt, arbeite ich von 12 bis 17 Uhr im Garten, mähe den Rasen und verbringe dann den Abend im Hotel und unterhalte mich mit den Gästen. Wenn das Wetter schlecht ist, kümmere ich mich um andere Projekte, wie z.B. Marketing usw“, sagt Clive. Tanith kümmert sich um Administratives wie Buchhaltung und Reservierungen.
Die Gäste kommen hauptsächlich aus Frankreich, England und Deutschland, einige aus den USA. Wie Michael Douglas und Catherine Zeta-Jones, die bisher die prominentesten Bewohner einer Suite waren. Urlauber, die auf dem Weg in den Süden sind oder Radtouristen legen gern einen Zwischenstopp für eine Nacht in La Brussière ein. Für Radtouren entlang des nahe gelegenen Canal de Bourgogne stehen den Gästen Fahrräder zur Verfügung.
Die Cummings haben noch viel vor mit La Brussière. „Wir haben neun Gebäude. Das ehemalige Keltereigebäude wird derzeit nicht genutzt, darin sollen aber in naher Zukunft ein Weinmuseum und eine Weinschule untergebracht werden. Alle anderen Gebäude werden genutzt, davon drei jedoch nicht vom Hotel. Wir haben 18 Zimmer und mit den anderen drei Gebäuden hätten wir 34“. Bevor Weinmuseum und Weinschule entstehen, haben andere Projekte Priorität. „Zuerst sind die Zimmer dran, danach eine Kochschule, ein Spa und zuletzt die Weinschule. Das hängt alles von der Finanzierung ab. Keine Bank vergibt im Moment gerne Kredite!“ sagt Clive bedauernd.
INFO
Allgemeine Informationen: Burgund-Tourismus und Atout France.
Zimmer gibt es ab 220 Euro, mehr Informationen: Abbaye de la Bussière.
Anreise: Mit dem Zug z.B. über Basel nach Dijon (ab Basel sind es mit dem TGV eineinhalb Stunden bis Dijon).
Mit dem Flugzeug bis Paris, ab Flughafen TGV nach Dijon (Dauer eineinhalb Stunden). Das Hotel organisiert die Abholung vom Bahnhof in Dijon. Mit Mietwagen ab Paris oder Dijon: Wegbeschreibung auf der Website des Hotels.
Die Autorin war auf Einladung von Atout France in Burgund.
Oktober 20, 2013 at 11:10 nachmittags
Was für eine nette kleine Kerl! Und das Schloss sind ziemlich als gut. (: